Ehrenamt des Monats: „Das Team des Hutzentreff Plus bringt Lebensfreude in den Alltag“
Mit dem Quartierskonzept möchte die AWO Erzgebirge den Einwohnerinnen und Einwohnern in Stützengrün die Möglichkeit geben, so lange wie möglich in ihrem gewohnten Umfeld, in ihrem zu Hause, zu leben. Um auch hilfsbedürftigen Menschen die Teilnahme am gesellschaftlichen Zusammenleben zu ermöglichen, engagieren sich drei Frauen ehrenamtlich für eine Gruppe von Menschen mit Pflegegrad.
Die neue Woche ist gerade erst ein paar Stunden alt und doch herrscht in den Begegnungsräumen der Quartiersarbeit im Stützengrüner Ortsteil Hundshübel rege Betriebsamkeit. Es duftet nach Kaffee und Gebäck. Ab halb zehn treffen sich Menschen mit Pflegegrad zum „Hutzentreff Plus“, um gemeinsam Zeit miteinander zu verbringen, sich auszutauschen und sich gemeinsam zu beschäftigen. Liebevoll bereiten die Betreuerinnen das Treffen der Gruppe vor. Seit 2019 engagieren sich Karin Schlösinger und Ute Queck-Linke ehrenamtlich für das Projekt. Weil letztere aus familiären Gründen aktuell kürzertreten muss, haben sie mit Ina Günther im vergangenen Jahr tatkräftige Unterstützung erhalten.
Alexander Ladwig, Geschäftsführer der AWO Erzgebirge gGmbH: „Unser Quartierskonzept in Stützengrün ist anfänglich im Rahmen eines Förderprojekts realisiert wurden. Als AWO Erzgebirge bieten wir mit den Räumlichkeiten und dem Fachpersonal vor Ort den Rahmen, den es braucht, um Teilhabe überhaupt zu ermöglichen. Mit Leben erfüllen es die Freiwilligen selbst: mit ihren Taten und Ideen. Dank ihres herausragenden Engagements war es überhaupt möglich das Projekt zu verstetigen und das Angebot vor Ort aufrecht zu erhalten.“
Insgesamt neun Mitglieder zählt die Gruppe des „Hutzentreff Plus“. Ihr Alltag ist ein Stück weit davon bestimmt, dass sie auf Hilfe und Unterstützung angewiesen sind. Das Angebot der Quartiersarbeit in Stützengrün ermöglicht ihnen außerhalb der eigenen vier Wände wieder ein Stück weit am gesellschaftlichen Zusammenleben teilzunehmen und „Normalität“ zu erleben.
Die Beschäftigungsmöglichkeiten sind sehr individuell am Wollen und Können der Menschen mit Pflegegrad ausgerichtet. Es werden Gesellschaftsspiele, Rätsel- und Knobeltage und kreative Angebote wie Töpfern, Malen oder Filzen angeboten. Hin und wieder wird gemeinsam gesungen. Eine eigens eingerichtete Küche in den Räumlichkeiten ermöglicht es zusammen zu kochen und zu backen. Marmeladen und Eierlikör stehen in der Gunst der Gruppenmitglieder dabei weit oben. Die Beschäftigungsangebote trainieren Geist und Körper gleichermaßen – das Erleben von Gemeinschaft unter Gleichaltrigen in einem Rahmen in dem jede und jeder sein kann wie er ist, schafft positive Erlebnisse.
Im Rahmen der Auszeichnung vor Ort hebt Landrat Rico Anton einen weiteren Aspekt der Quartiersarbeit hervor: „Das Modell des ‚Hutzentreff Plus‘ imponiert mir vor allem, weil das Angebot für die Menschen mit Pflegegrad aus der Mitte der Gesellschaft heraus von engagierten Seniorinnen getragen wird. Das ist gelebte Solidarität im besten Sinne, die für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und in Hinblick auf demographischen Wandel im ländlichen Raum enorm wertvoll ist.“
Die Arbeit der Betreuerinnen ist vielschichtig: Das Team vereinbart die Termine für die Treffen, bringt eigene Ideen ein und plant die Beschäftigungsangebote. Vor den Treffen kümmern sie sich um Mitfahrgelegenheiten für die Gruppenmitglieder, decken die Tische ein und bereiten die Verpflegung vor. Zweimal im Jahr organisieren sie in Abstimmung mit den Quartiersmanagerinnen der AWO gemeinsame Ausflüge für die Gruppe.
Doch ihre Leistung geht weit über die organisatorischen Belange hinaus. Seit der Entstehung der Gruppe sind die ehrenamtlich Engagierten zu wichtigen Bezugspersonen für die Menschen mit Pflegegrad geworden – es geht um Vertrauen und liebevolle Zuwendung. Menschen mit körperlichen Einschränkungen oder Demenz beispielsweise erhalten nicht nur das Mehr an Unterstützung, das sie brauchen – auch innerhalb der Gruppe werben die Betreuerinnen, um Verständnis für die individuelle Situation einzelner Mitglieder. Der Betreuungsschlüssel von eins zu drei spiegelt den hohen Anspruch wieder, dem sich die Frauen stellen. Sich Zeit für individuelle Belange zu nehmen, auf Augenhöhe zu kommunizieren und dafür zu sorgen, dass Spaß, Freude und Humor nicht zu kurz kommen. Außerdem sind sie ein wichtiger Multiplikator, um auch die Angebote der Quartiersarbeit vor Ort bekannt zu machen.
Bürgermeister Volkmar Vieweg: „Ich freue mich, dass es in Stützengrün, Hundshübel und Lichtenau Helferinnen und Helfer gibt, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, Sorgen und Nöte mancher Bürgerinnen und Bürger zu lindern. Das Quartiersmanagement der AWO Erzgebirge bietet dafür einen verlässlichen Rahmen und das engagierte Team viele wertvolle Impulse, ein hilfreiches Miteinander in unserer Ortsgesellschaft zu entwickeln.“
Für ihr umfassendes und vorbildliches Engagement in der Quartiersarbeit wurden Karin Schlösinger, Ute Queck-Linke und Ina Günther als Team Hutzentreff Plus mit dem „Ehrenamt des Monats März“ ausgezeichnet. Sie erhielten von der Fachstelle Ehrenamt des Erzgebirgskreises eine Urkunde, die erzgebirgische Holzfigur „HelD“ (Helfen und Danken) sowie eine Einladung zum Großen Regionalpreis des Erzgebirgskreises ERZgeBÜRGER.
Um ein noch besseres Bild von ihrer Arbeit zu bekommen, hat die Fachstelle Ehrenamt mit einer der Frauen das nachfolgende Interview geführt.
Wie sind Sie zu Ihrem ehrenamtlichen Engagement im Team des „Hutzentreff“ gekommen?
Frau Schlösinger: „Ich habe 2019 zu Beginn des Projekts eine der Informationsveranstaltungen besucht. Das Anliegen, Angebote für Seniorinnen und Senioren zu schaffen, kam zur richtigen Zeit, da ich seit 2015 selbst im Ruhestand bin. Dass wir von Anfang an einbezogen wurden und die Inhalte nach unserem Bedarf mitgestalten konnten, war für mich ein wichtiger Punkt, um mich aktiv einzubringen.“
Wie groß war die neue Herausforderung?
Frau Schlösinger: „Da ich 20 Jahre als Altenpflegerin gearbeitet habe, war die Aufgabe für mich nicht so neu. Ich konnte meine beruflichen Erfahrungen einbringen und auch die Chemie zwischen den Engagierten und den Mitarbeiterinnen der AWO hat von Anfang an gestimmt.“
Was ist Ihre persönliche Motivation?
Frau Schlösinger: „Der Umgang mit älteren Menschen hat mir schon immer viel Freude bereitet. In Gesellschaft anderer zu sein, neue soziale Kontakte zu knüpfen und bestehende zu pflegen, sind mir wichtig. Zudem weiß man, dass es einen irgendwann selbst treffen kann und man auf Unterstützung angewiesen ist. Nur die Hoffnung zu haben, dass dann andere für einen da sind reicht nicht. So lange ich es kann, möchte ich mit gutem Beispiel vorangehen und Verantwortung übernehmen.“
Wie kommen die Angebote bei den Seniorinnen und Senioren an?
Frau Schlösinger: „Das ist ganz unterschiedlich – manche gut, manche nicht so gut. Wir geben uns viel Mühe bei der Vorbereitung, wenn aber jemand dabei ist, der nicht gern singt oder bastelt, müssen wir ab und an auch Überzeugungsarbeit leisten. Gesellschaftsspiele sind sehr beliebt.“
Welche Erkenntnisse ziehen Sie aus den Begegnungen?
Frau Schlösinger: „Insbesondere für unsere Gruppe mit Pflegegrad stehen Gemeinschaft und Austausch an erster Stelle. Den Mitgliedern ist es auch wichtig, ihr Wissen und ihre Erfahrungen weiter zu geben. Sie entwickeln dabei eine Freude, die auch uns als Verantwortliche ansteckt. Die Ablenkung und vor allem die Abwechslung zu ihrem Alltag sind enorm wichtig.“
Wie hat sich das Projekt seit 2019 aus Ihrer Sicht entwickelt?
Frau Schlösinger: „Der Zuspruch der Seniorinnen und Senioren war von Beginn an gut. Anfangs haben wir den ‚Hutzentreff‘ (als Angebot für Menschen, die nicht auf Unterstützung angewiesen sind) einmal im Monat durchgeführt. Zu Beginn der Gründung des ‚Hutzentreff Plus‘ waren wir in den Räumen der Landeskirchlichen Gemeinschaft in Hundshübel. Die Zahl der Mitglieder hat sich mittlerweile mehr als verdoppelt. 2021 wurde das Quartiersbüro barrierefrei aus- und umgebaut. Es ist ein neuer Raum mit einer Gemeinschaftsküche entstanden, der mit allem ausgestattet ist, was wir für unsere Treffen brauchen. Das hat uns noch einmal völlig neue Möglichkeiten gegeben – vor allem mit Blick auf unsere wöchentlichen Treffen für die Menschen mit Pflegegrad. Weihnachten haben wir beispielsweise gemeinsam Plätzchen gebacken.“
Wie wichtig sind solche Angebote für den ländlichen Raum?
Frau Schlösinger: „Im Vergleich zu städtischen Gebieten sind die Freizeitmöglichkeiten bei uns eingeschränkt. Wenn Angebote geschaffen werden, nehmen die Seniorinnen und Senioren diese auch dankbar an. Es braucht eben nur Menschen, die es in die Hand nehmen und es organisieren.“
Was gehört neben der Vorbereitung und Durchführung des „Hutzentreff“ und „Hutzentreff Plus“ noch zu Ihren Aufgaben?
Frau Schlösinger: „Zu Beginn des Jahres setzen wir uns zusammen und überlegen auch, welche Veranstaltungen wir über die regelmäßigen Treffen hinaus organisieren können. Vergangenes Jahr gab es ein gemütliches Beisammensein bei Kaffee, Kuchen und Musik. Zudem haben wir das Erntedankfest in der Kirche in Sosa besucht. Für 2025 planen wir einen Ausflug zu den ‚Zschorlauer Heimatfreunden‘ und eine gemeinsame Kutschfahrt.“
Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Frau Schlösinger: „In erster Linie gesund zu bleiben und weiter für andere da sein zu können – das hält auch mich jung und bringt Abwechslung. Nur weil man im Ruhestand ist, muss man ja nicht zu Hause rumsitzen.“
Quelle: Fachstelle Ehrenamt / wu