Kreistag tagte – Haushalt 2025/26 eingebracht
Am Mittwoch (23. Oktober 2024) kamen die Kreisrätinnen und Kreisräte des Kreistages des Erzgebirgskreises zu ihrer 3. Sitzung der laufenden Wahlperiode zusammen. Nach der Eröffnung der Sitzung durch den Vorsitzenden, Landrat Rico Anton, standen insgesamt 10 weitere Punkte in öffentlicher Sitzung zur Diskussion und Beschlussfassung. Dabei bestimmten vor allem Finanzthemen die Tagesordnung.
Sozialkosten im Fokus
Gleich zu Beginn der Sitzung standen die Sozialkosten im Blickpunkt. Diese kennen seit Jahren nur eine Entwicklung – sie steigen! Daher informierte der zuständige Abteilungsleiter Frank Reißmann zunächst umfangreich zu Analysen, Entwicklungen und Prognosen in diesem Bereich. Eines wurde dabei schnell klar: die aus Sicht des Landkreises äußerst negative Kostenentwicklung ist insbesondere eine Folge der Sozialleistungsgesetzgebung des Bundes und den damit verbundenen Ausweitungen von Leistungsstandards. Hier betonen Landrat und Landkreisverwaltung seit Langem, dass vor diesem Hintergrund ein strukturelles Finanzierungsdefizit der kommunalen Ebene besteht. Dieses kann aber vom Landkreis nicht gelöst werden, da es sich bei der Ausreichung von Sozialleistungen in der Regel um Pflichtaufgaben nach Weisung gem. § 2 Abs. 3 SächsLKrO handelt, so Abteilungsleiter Reißmann weiter. Daher sei insbesondere der Bund gefordert, entsprechend Abhilfe zu schaffen und z. B. Leistungsstandards anzupassen bzw. übertragene Aufgaben auch vollumfänglich zu finanzieren.
Insgesamt mussten die Damen und Herren Kreisräte über drei Beschlussvorlagen der Landkreisverwaltung entscheiden, die alle Kostensteigerungen im Sozialleistungsbereich im laufenden Haushaltsjahr 2024 betrafen. Konkret ging es dabei um überplanmäßige Aufwendungen/Auszahlungen für den Vollzug des zweiten, achten und zwölften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB II, SGB VIII, SGB XII) mit einem Gesamtkostenvolumen von ca. 14,9 Mio. EUR. Diese Mehrkosten setzen sich wie folgt zusammen:
verschiedene Kosten in Zusammenhang mit der Unterbringung von ukrainischen Flüchtlingen in Höhe von ca. 2,9 Mio. EUR (SGB II)
verschiedene Kosten im Bereich Jugendhilfe in Höhe von ca. 6,93 Mio. EUR (SGB VIII)
Kosten in Zusammenhang mit verschiedenen Hilfen zur Pflege in Höhe von ca. 5,05 Mio. EUR (SGB XII)
Die Mehrheit der Kreisräte teilte die zuvor von der Landkreisverwaltung vorgetragene Kritik insbesondere am Agieren der Bundesregierung. Nach intensivem Austausch und zahlreichen Wortmeldungen aus den Fraktionen und Gruppen heraus wurden alle drei eingebrachten Beschlussvorlagen jeweils mit übergroßer Mehrheit abgelehnt und somit nicht beschlossen. Auf diese ablehnenden Entscheidungen hatten sich die Fraktionen von CDU/FDP, BSW und Freie Wähler bereits im Vorfeld verständigt, wie der Fraktionsvorsitzende der CDU/FDP-Fraktion, Sylvio Krause, unmittelbar vor dem Abstimmungsvorgang bekanntgab. Dieser Entscheidung, die Beschlussvorlagen zu den Tagesordnungspunkten 4 bis 6 zur 3. Kreistagssitzung nicht zuzustimmen, schlossen sich im Verlauf der Diskussion weitere Kreisrätinnen und Kreisräte an.
Da es sich bei den zu fassenden Beschlüssen aber um Pflichtaufgaben nach Weisung gem. § 2 Abs. 3 SächsLKrO handelt, kündigte Landrat Anton bereits im Vorfeld der Abstimmungen an, dass er diesem Votum widersprechen muss. Hierzu ist der Landrat als Leiter der Landkreisbehörde gem. § 48 Abs. 2 SächsLKrO gesetzlich verpflichtet. Gemäß dem gesetzlich vorgegebenen Prozedere könnte es in der Folge zeitnah zu einer Sondersitzung des Kreistages kommen, bei dem die zunächst abgelehnten Beschlussvorlagen erneut zur Diskussion und Beschlussfassung stehen werden. Landrat Anton wird sich zum gesamten Sachverhalt mit der Landesdirektion Sachsen als der zuständigen Fachaufsichtsbehörde abstimmen.
Zuschuss Bildungsticket
In einem weiteren Tagesordnungspunkt wurde der Zuschuss des Erzgebirgskreises zum Bildungsticket für Schülerinnen und Schüler des Landkreises im Grundschulalter behandelt. Gemäß eines 2022 vom Kreistag gefassten Beschlusses bezuschusst die Landkreisverwaltung den Eigenanteil zu Bildungstickets (BiTi) für Schülerinnen und Schüler der Primarstufen (Klassen 1 bis 4) mit 120 Euro pro Kind und Jahr. Hierdurch reduziert sich der Eigenanteil der Eltern zum Erwerb des BiTi auf 60 Euro pro Kind und Jahr. Der seinerzeit gefasste Beschluss sah eine Evaluierung dieses Systems vor. Dem ist die Landkreisverwaltung nachgekommen und präsentierte den Damen und Herren Kreisräten folgende Ergebnisse:
die Inanspruchnahme der Subvention entsprach bisher weitgehend den beim Kreistagsbeschluss vom 30.03.2022 getroffenen Prognosen
aus der Evaluierung ergaben sich keine weiteren Besonderheiten
Vor diesem Hintergrund sah die eingebrachte Beschlussvorschlag eine Weiterführung der am 30.03.2022 vom Kreistag beschlossenen Verfahrensweise vor. Dem Beschluss folgte der Kreistag bei seiner Entscheidung ohne Gegenstimmen.
Einbringung Doppelhaushalt 2025/26
Im nächsten Tagesordnungspunkt erfolgte die Einbringung des Entwurfs des Doppelhaushaltes 2025/26. Dies erfolgt traditionell durch den Finanzbeigeordneten Andreas Stark, der die wesentlichen Eckpunkte und Herausforderungen erläuterte. Als Einstieg wählte er dabei einen kurzen Rückblick auf die in der Vergangenheit beschlossenen Haushalte. Bei der eigentlichen Vorstellung des Haushaltentwurfs ging der Beigeordnete zunächst auf die zahlreichen Besonderheiten, der u. a. von Ukraine-Krise, Inflation, Zinssteigerungen und den stetig steigenden Sozialkosten geprägten Situation ein. Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen sind im Ergebnishaushalt planmäßig erneut Fehlbeträge ausgewiesen. Für 2025 wird mit Aufwendungen von 691,28 Mio. EUR geplant. Dem stehen gemäß der vorgelegten Planung aber nur 662,87 Mio. EUR Erträge gegenüber, so dass sich ein Minus von mehr als 28 Mio. EUR im ordentlichen Ergebnis ergibt. Ein Zurückgreifen auf Rücklagen (Kapitalpositionen) ist nur noch teilweise möglich. Zudem sind anwachsende Kassenkreditaufnahmen erforderlich.
Angesichts dieser Entwicklungen ist eine Anhebung des seit vielen Jahren konstant niedrigen gehaltenen Kreisumlagehebesatzes in den Haushaltsjahren 2025/26 unumgänglich. Im Haushaltsentwurf geht die Landkreisverwaltung daher unter Vorbehalt der Zustimmung des Kreistages von einem künftigen Kreisumlagehebesatz von 33,65 % aus. Vor dem Hintergrund der auch in den kreisangehörigen Städten und Gemeinden nicht ganz einfachen finanziellen Gesamtlage gab es dazu Wortmeldungen von im Kreistag vertretenen (Ober-)Bürgermeistern und einer Bürgermeisterin, die sich vehement gegen eine Erhöhung der Kreisumlage von bisher 29,7 % aussprachen. Einige Kreisräte sahen hierzu noch Abstimmungsbedarf und forderten Nachverhandlungen.
Nicht zuletzt um sich konjunkturell antizyklisch zu verhalten, sind trotz schwieriger Haushaltslage wieder verschiedene Investitionen, insbesondere in den Bereichen Kreisstraßen und Schulen geplant. Das Gesamtvolumen der Auszahlungen für Investitionstätigkeit ist mit ca. 53,2 Mio. EUR für die Jahre 2025 und 2026 in ähnlicher Höhe wie im letzten Doppelhaushalt 2023/2024 veranschlagt. Zur Finanzierung der Vorhaben muss für die kommenden beiden Jahre allerdings eine Nettoneuverschuldung von 23,55 Mio. EUR (2025 und 2026) eingeplant werden.
Für den mittelfristigen Finanzplanungszeitraum rechnet Herr Beigeordneter Stark nicht mit einer grundlegenden haushaltsseitigen Entspannung, da in fast allen Bereichen der Aufgabenwahrnehmung des Landkreises die Kosten deutlich schneller wachsen als die Erträge und Zuweisungen bzw. Umlagen. Hier sieht er insbesondere die Bundespolitik sowie den Freistaat Sachsen gefordert, entweder die Standards auf das Finanzierbare zu begrenzen oder aber den Landkreisen die erforderlichen Finanzmittel zur Verfügung zu stellen.
Sonstiges
Darüber hinaus wurde gleich zu Beginn der Sitzung über die Gewährung eines Liquiditätsdarlehens an die Freizeitbad An der Silberstraße GmbH in der Stadt Geyer diskutiert, an der der Erzgebirgskreis beteiligt ist. Ein solches Darlehen in Höhe von insgesamt 700.000 Euro ist infolge von Baukostensteigerungen erforderlich, die im Rahmen der 2020 begonnenen und mutmaßlich in diesem Jahr zu Ende gehenden umfangreichen Sanierung der Einrichtung angefallen sind. Der Anteil des Erzgebirgskreises beträgt 306.250 Euro, die übrigen Mittel müssen durch die Stadt Geyer bereitgestellt werden. Die Damen und Herren Kreisräte stimmten der eingebrachten Beschlussvorlage mit übergroßer Mehrheit zu.
Abschließend informierte der Kreistag in seinem öffentlichen Teil über die Möglichkeit der Online-Information zum aktuellen Stand des Breitbandausbaus im Erzgebirgskreis. Der wöchentlich aktualisierte Stand kann u. a. auf der Homepage der Landkreisverwaltung abgerufen werden.
Die nächste reguläre öffentliche Sitzung des Kreistages des Erzgebirgskreises findet am 18. Dezember 2024 statt. Die Termine der dem Kreistag vorgelagerten Ausschüsse sind dem Rats- und Bürgerinformationssystem des Erzgebirgskreises zu entnehmen.
SP/JB