Kreistag des Erzgebirgskreises tagte
Am Mittwoch (30. September 2020) kamen die Kreisrätinnen und Kreisräte des Kreistages des Erzgebirgskreises in Aue-Bad Schlema zur 5. Sitzung der laufenden Wahlperiode zusammen. Die Sitzung musste dabei Corona-bedingt erneut im Erzgebirgsstadion (VIP-Ebene 1) stattfinden, da nur hier, anders als im Konferenzsaal in Annaberg-Buchholz, aufgrund der Größe des Gremiums die nötigen Mindestabstände eingehalten werden können.
Nach der Eröffnung der Sitzung durch den Vorsitzenden, Landrat Frank Vogel (CDU), standen 17 weitere Tagesordnungspunkte in öffentlicher Sitzung zur Diskussion und Beschlussfassung. Dabei bestimmten vor allem der Doppelhaushalt 2021/22, die Jahresabschlüsse 2019 der Eigenbetriebe und die Übernahme der freistaatseigenen Straßenmeistereien die umfangreiche Tagesordnung.
Personalien
Zu Beginn der jüngsten Sitzung des Kreistages des Erzgebirgskreises hatten sich die Kreisrätinnen und Kreisräte zunächst mit insgesamt drei personellen Veränderungen zu befassen. So stimmten sie dem Ausscheiden von Kreisrat Konstantin Rühl (AfD) aus dem Kreistag aufgrund des Vorliegens eines wichtigen Grundes mit übergroßer Mehrheit zu. Für ihn rückt Susann Gahler (AfD) nach.
In einem weiteren Beschluss wählte der Kreistag Fabian Göbel als stimmberechtigtes Mitglied in den Jugendhilfeausschuss des Kreistages und Jörg Hänsel als dessen neuen Stellvertreter. Fabian Göbel folgt damit auf Daniel Schneider. Beide Wahlvorschläge wurden einstimmig bestätigt. Alle Personen waren vom Kreissportbund des Erzgebirgskreises zur Wahl vorgeschlagen worden.
Situation der Eigenbetriebe – Jahresabschlüsse und Satzungsänderung
Im nächsten Tagesordnungspunkt stand die Situation der beiden Eigenbetriebe des Erzgebirgskreises – kul(T)our-Betrieb sowie Kultureller Bildungsbetrieb (KBB) besonders im Fokus. In diesem Zusammenhang stellten Betriebsleiter Uwe Schreier und im weiteren Verlauf auch Betriebsleiterin Susanne Schmidt die Jahresabschlüsse Ihrer Betriebe für das Wirtschaftsjahr 2019 vor. Da beide Jahresabschlüsse ordnungsgemäß vorgelegt und geprüft waren und es auch sonst keine Anmerkungen gab, konnte beiden Betriebsleitungen die Entlastung für das Geschäftsjahr 2019 erteilt werden. Die Beschlussvorlagen wurden jeweils einstimmig angenommen.
Nachdem die letzte Anpassung der Entgelte für die Angebote der Kreismusikschulen des Erzgebirgskreises bereits mehr als drei Jahre zurückliegt, musste der Kreistag nunmehr über eine moderate Erhöhung der fälligen Gebühren etwa für Klavier-, Geigen- oder Gitarrenkurse uvm. entscheiden. Betriebsleiterin Schmidt betonte in diesem Zusammenhang, dass nur mit der beantragten Erhöhung der Nutzungsentgelte die gestiegenen (Personal-) Kosten gedeckt und damit auch die hohe Qualität der pädagogischen Arbeit erhalten werden könne. Zudem machte Betriebsleiterin Schmidt deutlich, dass im Erzgebirgskreis auch nach der moderaten Erhöhung die Nutzungsentgelte im Sachsen-Vergleich immer noch deutlich unter dem landesweiten Durchschnitt liegen. Dieser Einschätzung schlossen sich die Kreisräte an und stimmten der eingebrachten Beschlussvorlage bei einer Enthaltung einstimmig zu.
Doppelhaushalt 2021/22 eingebracht
Neben den vorgenannten Punkten dominierten bei der aktuellen Kreistagssitzung vor allem Finanzthemen die Tagesordnung. Von besonderem Interesse war dabei ohne Zweifel der neue Doppelhaushalt für die Haushaltsjahre 2021 und 2022, den Beigeordneter Andreas Stark traditionell in den Kreistag einbrachte und die wesentlichen Eckpunkte und Herausforderungen vorstellte.
Bei der Vorstellung des Entwurfs des Doppelhaushaltes für die Jahre 2021 und 2022 ging Beigeordneter Stark zunächst auf die Besonderheiten der von der Corona-Pandemie geprägten aktuellen Situation ein. Erstmals kann im Ergebnishaushalt kein Überschuss erwirtschaftet werden. Für 2021 wird mit Aufwendungen von 473,7 Mio. EUR geplant. Dem stehen gemäß der vorgelegten Planung nur 463,5 Mio. EUR Erträge gegenüber, so dass sich ein Minus von mehr als 10 Mio. EUR ergibt. Durch Zurückgreifen auf eine spezielle Vorsorgerücklage kann das Minus in 2022 auf ca. 6,5 Mio. EUR begrenzt werden. Zum „Haushaltsausgleich“ in beiden Jahren stehen jeweils Rücklagen, die aufgrund positiver Jahresabschlüsse in den vergangenen Jahren gebildet werden konnten, zur Verfügung.
Angesichts der in fast allen Kommunen schwierigen finanziellen Gesamtlage soll der Kreisumlagehebesatz 2021/2022 vorerst weiterhin bei 28,7% stabil und damit voraussichtlich auch weiterhin der mit Abstand niedrigste unter den 10 Landkreisen im Freistaat Sachsen bleiben. Nicht zuletzt um sich konjunkturell antizyklisch zu verhalten, sind wieder zahlreiche Investitionen, insbesondere in den Bereichen Kreisstraßen, Schulen und Digitalisierung geplant. Das Gesamtvolumen der Auszahlungen für Investitionstätigkeit liegt mit ca. 55,8 Mio. EUR für die Jahre 2021 und 2022 nochmals deutlich über den 48,5 Mio. EUR des letzten Doppelhaushaltes 2019/2020. Zur Finanzierung der Vorhaben musste für die kommenden beiden Jahre eine Nettoneuverschuldung von ca. 8,6 Mio. EUR eingeplant werden. Angesichts der in den Jahren 2018 bis 2020 geleisteten Nettoschuldentilgungen von 17,7 Mio. EUR bleibt der Schuldenstand dennoch deutlich unter dem Höchstbetrag der vergangenen Jahre.
Für den mittelfristigen Finanzplanungszeitraum rechnet Herr Beigeordneter Stark nicht mit einer haushaltsseitigen Entspannung, da in fast allen Bereichen der Aufgabenwahrnehmung des Landkreises die Kosten schneller wachsen als die Erträge und Zuweisungen bzw. Umlagen. Hier sieht er Bundes- und Landespolitik gefordert, entweder die Standards auf das Finanzierbare zu begrenzen oder aber den Landkreisen die erforderlichen Finanzmittel zur Verfügung zu stellen.
Weitere Finanzthemen
Neben dem neuen Doppelhaushalt 2021/22 bestimmten weitere Finanzthemen die Tagesordnung. So beschlossen die Kreisräte im Tagesordnungspunkt 8 einstimmig den Verzicht auf die Aufstellung eines Gesamtabschlusses für den Erzgebirgskreis gem. § 88b SächsGemO. Dieses Vorgehen war von der Landkreisverwaltung angeregt worden, da die doppischen Jahresabschlüsse (Einzelabschlüsse) sowie die Beteiligungsberichte aus Sicht der Verwaltung zur Beurteilung der Finanzlage ausreichend sind.
Unter Tagesordnungspunkt 9 genehmigten die Damen und Herren Kreisräte überplanmäßige Aufwendungen für die Gewährung des Sonderlastenausgleichs für das Jahr 2020 aus dem öffentlichen Dienstleistungsauftrag des Erzgebirgskreises an die Regionalverkehr Erzgebirge GmbH. Konkret bedeutet dies eine überplanmäßige Auszahlung in Höhe von ca. 3 Mio. Euro im Vergleich zum ursprünglichen Planansatz des 2018 aufgestellten Doppelhaushalts 2019/20. Hauptgrund der enormen Kostensteigerung waren u. a. nicht kostendeckende Tarifprodukte wie z. B. das Schülerverbundticket, tarifvertragliche Personalkostenanhebungen oder auch PlusBus-bedingte Mehrleistung sowie teilweise ausbleibende Fördermittel in diesem Segment. (Vgl. Meldung vom 23.09.2020) Trotz des erheblichen finanziellen Mehrbedarfs stimmten die Kreisräte der eingebrachten Beschlussvorlage bei zwei Enthaltungen einstimmig zu – auch da die Verwaltung sowie die RVE GmbH nachweislich alles getan hat, um diesen und künftigen Kostenentwicklungen entgegenzuwirken. Dies war u. a. in den dem Kreistag vorangegangenen Sitzungen des Technischen Ausschusses und des Kreis- und Finanzausschusses deutlich geworden.
Unter Tagesordnungspunkt 10 wurde über den Haushaltsvollzug im laufenden Jahr 2020 und das prognostizierte Jahresergebnis informiert. Die eingebrachte Informationsvorlage über die aktuellen Finanzentwicklungen wurde ohne weitere Aussprache zur Kenntnis genommen.
Bestätigt wurde zudem die Verlängerung der Übergangsregelungen für die Neuregelung der Umsatzsteuerpflicht der öffentlichen Hand gem. § 2b UStG bis zum 31.12.2021, die auf eine grundlegende Neuordnung der umsatzsteuerlichen Behandlung der Leistungen der juristischen Personen des öffentlichen Rechts vorsieht. Der eingebrachten Beschlussvorlage stimmten die anwesenden Kreisräte einstimmig zu.
Abschließend befasste sich der Kreistag des Erzgebirgskreises bei den Finanzthemen mit der Verwaltungskostensatzung des Landkreises. Konkret wurde eine Anpassung der Gebühren für allgemeine Amtshandlungen und Schreibauslagen bei einer Enthaltung einstimmig beschlossen, die wiederum auf eine Änderung des Neunten Sächsischen Kostenverzeichnisses von diesem Jahr zurückzuführen ist.
Schulnetzplanung – Schulen im Erzgebirgskreis gelten als bestandssicher
Neben den vorgenannten Finanzthemen wurde auch ein wichtiger Beschluss zum Thema Schulstandorte gefasst. Hier hatten die Damen und Herren Kreisräte über den fortgeschriebenen Schulnetzplan des Erzgebirgskreises für die allgemeinbildenden Schulen und die Schulen des zweiten Bildungsweges zu entscheiden. Für die einstimmig getroffene Entscheidung zugunsten des vorgelegten Schulnetzplans dürfte dabei eine wesentliche Rolle gespielt haben, dass alle 153 Schulen der o. g. Kategorien darin als bestandssicher eingeschätzt worden sind. In dieser für die Region positiven Tatsache spiegeln sich auch die Schülerzahlvorausberechnungen des Landesamtes für Schule und Bildung (LaSuB) wider, deren Schülerzahlprognosen für den Erhalt der allermeisten Bildungseinrichtungen des Erzgebirgskreises ausreichend sind . Für die übrigen Einrichtungen konnten entsprechende Sonderregelungen gefunden werden, sodass auch deren Bestand als gesichert gelten kann.
Neue Standortkonzeption der Straßenmeistereien des Erzgebirgskreises
Der Erzgebirgskreis ist seit der Kreisgebiets- und Funktionalreform 2008 zuständig für die Aufgabe der baulichen und betrieblichen Unterhaltung, die Instandsetzung der Bundes-, Staats- und Kreisstraßen sowie die technische Verwaltung der Kreisstraßen auf seinem Gebiet. Hierfür wurden dem Erzgebirgskreis seinerzeit zur Wahrnehmung dieser Aufgaben durch den Freistaat Sachsen u. a. der Besitz an den landeseigenen Straßenmeistereigehöften in Aue, Gornau, Schönfeld-Wiesa und Zöblitz sowie an den Reparatur- und Winterstützpunkt Markersbach, die Winterstützpunkte Eibenstock und Oberwiesenthal sowie die Lagerplätze in Neuamerika und Börnichen überlassen. Diese Einrichtungen verblieben allerdings im Eigentum des Freistaates.
Vor dem Hintergrund eines unabhängigen Gutachtens zur zukunftsfähigen Ausrichtung der Straßenmeistereistandorte sind sich nunmehr sowohl das Landesamt für Straßenbau und Verkehr, das Sächsisches Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr, der Staatsbetrieb Zentrales Flächenmanagement sowie der Erzgebirgskreis darüber einig, dass die strategische Ausrichtung der Straßenmeistereistandorte im Erzgebirgskreis bei zukünftig nur noch 4 Straßenmeistereien in Aue, Marienberg (bzw. Heinzebank), Schönfeld-Wiesa und Stollberg sowie (kleinen) Stützpunkten in Markersbach, Eibenstock, Oberwiesenthal und Zöblitz liegen wird.
Vor dem Hintergrund inhaltlicher Aspekte im Hinblick auf die zeitnahe und sachgerechte Realisierung der Konzeption sieht es der Erzgebirgskreis als erforderlich an, die bislang im Eigentum des Freistaates stehenden Straßenmeistereistandorte Aue, Gornau, Schönfeld-Wiesa und Zöblitz zu übernehmen. Der Erzgebirgskreis tritt demnach für die Immobilien in sämtliche Rechte und Pflichten ein. Mit den hierfür zur Verfügung gestellten Mitteln des Freistaates kann der Erzgebirgskreis einerseits die angedachte Straßenmeisterei Marienberg (bzw. Heinzebank) realisieren. Andererseits wird jener damit auch in die Lage versetzt, eigenständig den eklatanten Investitionsstau an den fortbestehenden Straßenmeistereistandorten Aue und Schönfeld-Wiesa zu beseitigen und künftig auch bedarfsgerecht zu erhalten. Die Straßenmeisterei Stollberg als Objekt im Eigentum des Bundes bleibt weiterhin im Rahmen einer Unterüberlassung bestehen. Darüber hinaus bleibt der Freistaat Sachsen dem Erzgebirgskreis für erforderliche Ersatzneubauten insoweit in der Pflicht, als dass er sich finanziell im Verhältnis der Straßenlängen von Staats- zu Kreisstraßen beteiligt.
Gemäß der eingebrachten Beschlussvorlage, der die Damen und Herren Kreisräte bei einer Enthaltung einstimmig zustimmten, wurde Landrat Vogel ermächtigt, die Endverhandlungen des Vertrages vorzunehmen.
Sonstiges
Neben den vorgenannten Themen stimmte der Kreistag zudem über die Festlegung der Termine für die Sitzungen des Kreistags im Jahr 2021 ab. Gemäß der einstimmig angenommenen Beschlussvorlage werden die Kreistagssitzungen im kommenden Jahr aller Voraussicht nach am 31. März, 7. Juli, 6. Oktober und am 15. Dezember in öffentlicher Sitzung stattfinden. Darüber hinaus bestätigte der Kreistag im letzten Tagesordnungspunkt bei einer Enthaltung einstimmig den Erwerb eines Grundstücks in Hohndorf.
Der Kreistag des Erzgebirgskreises kommt am 2. Dezember 2020 zu seiner nächsten und zugleich letzten Sitzung in diesem Jahr zusammen.
SP