Kreistag tagte – letzte Sitzung der laufenden Wahlperiode
Am 10. April 2024 kamen die Kreisrätinnen und Kreisräte des Kreistages des Erzgebirgskreises zu ihrer 18. Sitzung zusammen. Es war zugleich die letzte Sitzung der laufenden Wahlperiode. Nach der Eröffnung der Sitzung durch den Vorsitzenden, Landrat Rico Anton, standen insgesamt 17 weitere Punkte in öffentlicher Sitzung zur Diskussion und Beschlussfassung. Dabei bestimmten vor allem Personal- und Finanzthemen die umfangreiche Tagesordnung. Vor Einstieg in die eigentliche Tagesordnung fand eine Schweigeminute zum Gedenken an den kürzlich verstorbenen Kreisrat Dr. Thomas Rolle statt. Für ihn rückt Kathrin Sieber (CDU) nach.
Personalien
Zu Beginn der Sitzung des Kreistages des Erzgebirgskreises hatten sich die Kreisrätinnen und Kreisräte zunächst mit zwei personellen Veränderungen zu befassen. So stimmten sie dem Ausscheiden von Kreisrat Heiko Reinhold (GRÜNE) aus dem Kreistag aufgrund Verlusts der Wählbarkeit einstimmig zu. Für ihn rückt grundsätzlich Anja Köhler (GRÜNE) als nächste Ersatzperson nach. Bei ihr lag jedoch ebenfalls als Hinderungsgrund der zwischenzeitliche Verlust der Wählbarkeit vor. Der Kreistag stimmte auch dieser Beschlussvorlage einstimmig zu. Vor diesem Hintergrund rückt Barbara Ullmann (GRÜNE) als nächste Ersatzperson nach.
Patientenfürsprecher bestellt
Vor dem Hintergrund des Ausscheidens des vom Kreistag bestellten Patientenfürsprechers für die Psychiatrische Klinik im Erzgebirgsklinikum gGmbH Haus Zschopau, Peter Hofmann, aus dem Amt war die Bestellung eines neuen Patientenfürsprechers für die bisher von ihm betreute Einrichtung erforderlich.
Nachdem die Damen und Herren Kreisräte einstimmig die Zulässigkeit des Ausscheidens aus dem Amt von Peter Hofmann festgestellt hatten, wurde Ronny Bruchhold ebenfalls einstimmig und mit sofortiger Wirkung befristet bis zum 28.03.2028 als Patientenfürsprecher bestellt. Ronny Bruchhold fungiert bereits seit März 2023 als Ansprechpartner für Patienten der Therapeutischen Einrichtung für Abhängigkeitskranke „Alte Flugschule“ in Großrückerswalde sowie für die ebenfalls im Ort ansässige Sozialtherapeutische Wohnstätte „Haus Schindelbach“ und die in der Großen Kreisstadt Marienberg angesiedelte Sozialtherapeutische Wohnstätte „Lebensbrücke“.
Finanzthemen erörtert
Während der Kreistagssitzungen wurden auch eine Reihe von Finanzthemen behandelt. So informierte die Landkreisverwaltung etwa zum Zins- und Schuldenmanagement sowie zum Liquiditätsmanagement des Erzgebirgskreises. Zur Finanzierung der geplanten Investitionen des Haushaltsjahres 2024 ermächtigte der Kreistag des Erzgebirgskreises den Landrat einstimmig zur Aufnahme von Kommunaldarlehen für Investitionen und Investitionsförderungsmaßnahmen bis zur Höhe von 12 Mio. EUR für das Haushaltsjahr 2024. Im Doppelhaushalt 2023/2024 waren für das Haushaltsjahr 2024 Kreditermächtigungen in dieser Höhe veranschlagt. Mit Bescheid der Landesdirektion Sachsen vom 5. Juni 2023 erfolgte die Genehmigung.
Im nächsten Tagesordnungspunkt thematisierte der Kreistag in Vorbereitung des Doppelhaushaltes 2025/2026 die Festlegung der neuen Schlüsselprodukte. Im Vorfeld hatte in der Verwaltung eine Evaluierung der bisherigen Schlüsselprodukte stattgefunden. Neben der politischen und finanziellen Bedeutung waren wesentliche Entscheidungskriterien die Beeinflussbarkeit und Steuerungsrelevanz. Im Ergebnis wurden dem Kreistag folgende Schlüsselprodukte für den Doppel-Haushalt 2025/26 vorgeschlagen:
Liegenschaftsverwaltung, Gebäudemanagement
Schülerbeförderung
Jugendarbeit
Förderung des Sports
Öffentlicher Personennahverkehr
Die eingebrachte Beschlussvorlage wurde einstimmig angenommen.
Ebenfalls wurden überplanmäßige Personalaufwendungen im Haushaltsjahr 2024 in Höhe von ca. 8,5 Mio. EUR mit übergroßer Mehrheit bestätigt. Die prognostizierten Mehraufwendungen resultieren im Wesentlichen aus dem hohen Tarifabschluss des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst (TVöD) im Jahr 2023. Daneben zeigte sich aufgrund des Zuzugs von Ukrainern und Flüchtlingen, aber auch durch weiterhin erfolgte Gesetzesänderungen ein stark erhöhtes Antragsaufkommen in den Aufgabenfeldern der Sozialleistungsgewährung, wie z. B. Hilfen zum Lebensunterhalt, Hilfen zur Pflege, Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung sowie Wohngeld.
Kosten der Unterkunft für Bürgergeld- bzw. Sozialhilfeempfänger angepasst
Neben den vorgenannten Finanzthemen befand das höchste kreisliche Gremium auch über die Anpassung der „Richtlinie zur Angemessenheit der Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung nach § 22 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) und § 35 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII)“ – kurz: KdU-Rili ERZ. Entsprechend dieser Richtlinie sind die Angemessenheitsgrenzen der Bruttokaltmieten mindestens alle 2 Jahre zu überprüfen und ggf. neu festzulegen.
Die Ermittlung der Grenzwerte erfolgte mit Hilfe eines Berechnungstools (Software), das auf dem auf der Grundlage eines schlüssigen Konzeptes erstellten Gutachtens 2014 basiert und die Aktualisierung der Angemessenheitsgrenzen ermöglicht. Die eingebrachte Beschlussvorlage wurde mit übergroßer Mehrheit angenommen.
Weitere Unterstützung des FC Erzgebirge Aue e. V. beschlossen
Mit Blick auf die Finanzthemen befasste sich der Kreistag zudem erneut mit der Nutzung des kreiseigenen Erzgebirgsstadions durch den FC Erzgebirge Aue e. V. (FCE). Vor dem Hintergrund nach wie vor bestehender finanzieller Herausforderungen des Vereins – der Jahresabschluss für die Saison 2022/2023 wies einen Fehlbetrag von ca. 1,5 Mio. EUR aus – hatte es seit Jahresbeginn 2024 mehrere Verhandlungen mit dem Landkreis gegeben. Hierbei hat sich der Landkreis und insbesondere auch Landrat Rico Anton zur weiteren Unterstützung des FCE – „einem der imageprägenden Aushängeschilder der Region“ – im Rahmen des möglichen bekannt. Im Ergebnis dieser Verhandlungen wurde Folgendes vereinbart:
Die offene Forderung „Schlussrate Sonderzahlung Stadionneubau“ (ca. 178 TEUR) wird gegen die Umsetzung und Finanzierung der Befestigung des Gästeparkplatzes P8 am Erzgebirgsstadion aufgerechnet - im Zusammenhang mit der Stundung angefallenen Zinsen werden erlassen
offene Forderungen der Pachtzinszahlungen von 07/23 bis 06/24 (ca. 250 TEUR) werden in eine zinslose Dauerstundung umgewandelt; Rückzahlung soll unter „besseren Rahmenbedingungen“ des FCE erfolgen – u. a.: Erlöse aus DFB-Pokalspielen des FCE, Aufstieg des FCE in die 2. Bundesliga, außerordentlichen Transfererlösen, Sponsoring-Leistungen o. ä.
Zukünftige Forderungen der Pachtzinszahlungen von 07/24 bis 06/25 (ca. 250 TEUR) werden mittels verzinslicher Annuität (Zinssatz von 3,25 %, 10-jährige Laufzeit, jährliche Annuität bzw. Ratenzahlungbeträgt ca. 29 TEUR) gestundet
Ermächtigung des Landrats für Verhandlungen über zukunftsgerichtete Anpassungen der vertraglichen Vereinbarungen zwischen dem FCE, der FCE Stadionbetriebsgesellschaft mbH und dem Erzgebirgskreis - In diesem Zusammenhang: Aussetzung der im Pachtvertrag vereinbarten Wertsicherungsklausel bis 30.06.2026
Die eingebrachte Beschlussvorlage, die im Wesentlichen die o. g. Punkte enthielt, wurde nach längerer Diskussion mit großer Mehrheit angenommen. Ein ergänzender Antrag der Kreistagsgruppe „Die Heimat“, der auf eine zweijährige Aussetzung der vertraglich geregelten Betriebskostenzuschüsse des Landkreises an die FCE Stadionbetriebsgesellschaft mbH zielte, fand hingegen keine Mehrheit. Der eingebrachte Antrag wurde mit übergroßer Mehrheit abgelehnt.
Austritt aus AWVC rückt näher
Die Damen und Herren Kreisräte hatten des Weiteren über eine Auseinandersetzungsvereinbarung der Verbandsmitglieder des Abfallwirtschaftsverbandes Chemnitz (AWVC) zum Austritt des Erzgebirgskreises aus dem AWVC zum 31.05.2025 zu befinden. Die eingebrachte und einstimmig angenommene Beschlussvorlage ermächtigt den Landrat die Auseinandersetzungsvereinbarung abzuschließen.
Der Erzgebirgskreis möchte mit diesem Schritt endgültig seine Doppelmitgliedschaft in zwei Abfallzweckverbänden beenden und die Abfallentsorgung ab Mitte 2025 – und damit dann gut 16 Jahre nach der Kreisgebietsreform – für das ganze Kreisgebiet beim Zweckverband Abfallwirtschaft Südwestsachsen (ZAS) bündeln.
Satzungsänderungen
Der Kreistag beschäftigte sich in der Aprilsitzung auch mit verschiedenen Satzungsänderungen. So wurde etwa eine Änderung der Satzung der Kreismusikschule im Kulturellen Bildungsbetrieb Erzgebirgskreis mit übergroßer Mehrheit beschlossen. Konkret ging es hierbei um die gesetzlich alle drei Jahre erforderliche Anpassung der Unterrichtsentgelte für Leistungen der Kreismusikschule. Die neu kalkulierten und zur Beschlussfassung vorgeschlagenen Unterrichtsentgelte ordnen sich knapp unter dem sächsischen Durchschnitt für Einzelunterricht (45 min) aller sächsischen Musikschulen ein.
Weiterhin behandelte der Kreistag auch die Satzung mit Entgeltordnung für die Volkskunstschule im kul(T)our-Betrieb des Erzgebirgskreises. Auch in diesem Tagesordnungspunkt ging es um eine Anpassung der Entgelte für die Nutzung der Angebote der Volkskunstschule. Im Ergebnis wurde die moderate Anpassung der Gebühren von den Damen und Herren Kreisräten einstimmig angenommen.
Weitere Themen, Informationen & Sonstiges
Der Kreistag beschäftigte sich in der jüngsten Sitzung auch mit dem Zukunftsthema Breitbandausbau. Mit Blick auf das bereits laufende Breitbandprojekt, welches der Erzgebirgskreis gemeinsam mit den interessierten kreisangehörigen Kommunen zur Erschließung von im Hinblick auf die Telekommunikationsinfrastruktur unterversorgten Gebieten vorantreibt, informierte der Leiter der das Projekt betreuenden Stabsstelle Kreisentwicklung, Holger Vorberg, zum Stand des Projektfortschrittes. Während für die Cluster 1, 5 und 6 am 13. März 2024 der symbolische erste Spatenstich erfolgte, gestaltet sich der Projektfortschritt in den Clustern 2, 3 und 4 schwieriger.
Hier laufen laut Stabsstellenleiter Vorberg derzeit noch Verhandlungen mit den Bietern, die sich im Vergabeverfahren durchgesetzt hatten, allerdings ist eine Aufhebung der getroffenen Vergabeentscheidung inzwischen sehr wahrscheinlich. Tritt dieser Fall ein, so hätte dies eine Rücksetzung des mehrstufigen Vergabeverfahrens um mindestens eine Stufe zur Folge. Konkret werden dann die im Wettbewerb des jeweiligen Loses verblieben Telekommunikationsunternehmen erneut zur Abgabe eines Angebotes aufgefordert, über das dann im Technischen Ausschuss erneut entschieden werden muss. Dies soll im Laufe dieses Jahres der Fall sein.
Weiterhin behandelte der Kreistag auch die im Zuge der im Dezember 2023 beschlossenen Neufassung der Hauptsatzung des Erzgebirgskreises erforderliche Festlegung der Geschäftskreise der Beigeordneten. In diesem Zuge wurde zugleich die Reihenfolge der Vertretung des Landrates durch die Beigeordneten festgelegt. Die eingebrachte Beschlussvorlage wurde mit übergroßer Mehrheit angenommen.
Zum Abschluss der Sitzung des Kreistages wurde schließlich noch über einige weiter Themen informiert. So gab Abteilungsleiter Frank Reißmann u. a. einen Überblick zum aktuellen Stand der Aufnahme und Unterbringung von Asylbewerbern und Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine. Weiterhin informierte er zu den Themen Einführung „SozialCard“ und Arbeitsgelegenheiten für diesen Personenkreis.
Im Anschluss vermittelte Annette Hübner einen Einblick zum aktuellen Sachstand des Naturschutzgroßprojektes im Erzgebirgskreis. Außerdem wurde über den anstehenden Wechsel in der Geschäftsführung der Wirtschaftsförderung Erzgebirge GmbH sowie der Dienstleistungsgesellschaft Erzgebirge mbH informiert. Vor dem Hintergrund des altersbedingten Austritts von Matthias Lißke zum 30.06.2024 wird zum 01.07.2024 Dr. Peggy Kreller die Geschäftsführung beider Eigengesellschaften des Erzgebirgskreises übernehmen. Landrat Anton dankte dem scheidenden Geschäftsführer Lißke für sein jahrzehntelanges Wirken zum Wohle der erzgebirgischen Unternehmen und für einen starken Wirtschaftsstandort Erzgebirge.
Von Seiten der SPD-Kreistagsfraktion wurde zudem noch einmal das Thema Schulsozialarbeit im Erzgebirgskreis aufgerufen. Hierzu informierte die Kreisverwaltung, dass auch ihr an der langfristigen Erhaltung der Schulsozialarbeit nicht nur an den Oberschulen, sondern auch im sogenannten Ergänzungsbereich gelegen sei zu dem auch die kreislichen Gymnasien zählen. Allerdings sei hier ganz klar der Freistaat gefordert, für eine auskömmliche Finanzierung zu sorgen, um so dieses wichtige Angebot dauerhaft anbieten zu können.
Landrat Anton beendete schließlich die Sitzung, verbunden mit einem Dank an die Damen und Herren Kreisräte für das konstruktive Miteinander während der zu Ende gehenden Wahlperiode 2019 bis 2024. Es sei wichtig auch in Zukunft Verantwortung zum Wohle unserer Heimat zu übernehmen und so freue er sich, dass sich auch für die nächste Wahlperiode wieder zahlreiche amtierende Kreisräte für dieses politische Ehrenamt bewerben, so Landrat Anton. Man werde sehen welches Ergebnis die Kommunalwahlen am 9. Juni 2024 bringen und wie sich der neue Kreistag in der Folge zusammensetzen werde.
Der Kreistag des Erzgebirgskreises kommt mutmaßlich am 4. September 2024 zur konstituierenden Sitzung des dann neu gewählten Gremiums zusammen.