„Lebensräume verbinden – Naturschutzgroßprojekt Erzgebirgskreis“ ist gestartet

12. Juni 2023
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Fördermittelbescheid in Höhe von rund 1,68 Millionen Euro an Landrat Rico Anton übergeben.

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Bei der feierlichen Auftaktveranstaltung im Marienberger Ortsteil Satzung überreichten heute Bundesumweltministerin Steffi Lemke und Matthias Herbert, Abteilungsleiter im Bundesamt für Naturschutz (BfN), gemeinsam mit dem Sächsischen Umweltminister Wolfram Günther den Fördermittelbescheid in Höhe von rund 1,68 Millionen Euro an Landrat Rico Anton. Damit kann die Planungsphase des Naturschutzgroßprojektes „Lebensräume verbinden – Naturschutzgroßprojekt Erzgebirgskreis“ beginnen. Im Projekt geht es um die Bewahrung und Entwicklung der Artenvielfalt und ihrer Lebensräume in der einmaligen Kulturlandschaft im Erzgebirge mit Bergwiesen, Feuchtgebieten, Mooren und Bergmischwäldern. Mit der Förderung einer nachhaltigen und naturschutzgerechten Landnutzung sollen in Kooperation mit den regionalen Bewirtschaftern die Artenvielfalt bewahrt und regionale Wertschöpfungsketten gestärkt werden.

 

Landrat Rico Anton: „In der Bewilligung des Naturschutzgroßprojektes sehe ich zuallererst eine Würdigung der einzigartigen und reichen Natur- und Kulturlandschaft im Erzgebirgskreis. Das Erzgebirge ist bekannt für seine ausgedehnten Wälder, bunten Bergwiesen, schattigen Bachtäler und geheimnisvollen Moore. Dieses Landschaftsmosaik ist entstanden durch die Arbeit und Urbarmachung vieler Generationen von Erzgebirgern bis zur heutigen Zeit. Die enge Verbindung der Menschen mit der Natur schlägt sich in zahlreichen Traditionen nieder. Eine besondere Prägung der Landschaft hat der Bergbau bewirkt – nicht umsonst wurde der Montanregion Erzgebirge/Krušnohoří der Status des Weltkulturerbes verliehen. Das Naturschutzgroßprojekt ist für den Erhalt dieser einmaligen Landschaft von fundamentaler Bedeutung."

Bundesumweltministerin Steffi Lemke: „Von diesem Naturschutzgroßprojekt werden nicht nur seltene Arten wie der Sonnentau, der Bergmolch oder die Bekassine im Erzgebirge profitieren. Das Ziel, die biologische Vielfalt zu erhalten, wird vor Ort auch in besonderer Weise mit den Zielen des natürlichen Klimaschutzes gekoppelt. Denn eine wichtige Aufgabe im Projekt wird es sein, den Wasserrückhalt in der Landschaft zu verbessern. Nur im Zusammenspiel mit ausreichendem Wasserangebot können die Ökosysteme Kohlenstoff binden und langfristig speichern.“

Sachsens Umweltminister Wolfram Günther: „Das Großprojekt ist ein Meilenstein für den Erhalt der Artenvielfalt in Deutschland. Nach intensiven Vorarbeiten startet es nun. Sachsen unterstützt dabei die Aktivitäten zum Erhalt der biologischen Vielfalt und der Einzigartigkeit dieser Erzgebirgslandschaft mit ihren reichen Bergwiesen, Wäldern und Mooren. Seltene Tier- und Pflanzenarten und seltene Lebensräume werden ab jetzt großflächig und langfristig geschützt. Das ist wichtig. Denn die Vielfalt von Lebensräumen und Arten geht dramatisch zurück, global, aber auch in Sachsen. Wir müssen zu einer Trendumkehr kommen. Das Naturschutzgroßprojekt ist ein wichtiger Baustein dafür. Zugleich hat das Projekt große Potenziale für die regionale Wertschöpfung und die Umweltbildung. Und nicht zuletzt tragen viele Bürgerinnen, Bürger und Ehrenamtliche vor Ort den Schutz der heimischen Natur breit mit. Dafür, wie auch für das Engagement der Projektpartner vor Ort und das Engagement des Bundes möchte ich mich sehr herzlich bedanken. Ich wünsche dem Naturschutzgroßprojekt bestmöglichen Erfolg.“

Matthias Herbert, Abteilungsleiter im Bundesamt für Naturschutz: „Nicht allein Lebensräume gilt es über das Projekt zu verbinden, sondern auch Menschen – etwa indem eine für den Tourismus ausgesprochen attraktive Landschaft gesichert und weiterentwickelt wird. Das Naturschutzgroßprojekt im Erzgebirgskreise wird hier als wichtiger Impulsgeber fungieren, nicht zuletzt für die Landwirtschaft, die in Zeiten der Klimakrise in hohem Maße von einer resilienten, wasserrückhaltenden Landschaft profitieren kann.

 

An die feierliche Auftaktveranstaltung schloss sich die konstituierende Sitzung der projektbegleitenden Arbeitsgruppe im Ratssaal Marienberg an. Damit haben Behörden, Verbände, regionale Akteure und das Projektteam die Arbeit aufgenommen. Projektträger ist der Erzgebirgskreis mit den Partnerkommunen Große Kreisstadt Marienberg, Crottendorf und Sehmatal. Das Projektgebiet umfasst insgesamt rund 7.000 ha und erstreckt sich auf den Großteil der Gemeindegebiete Crottendorf und Sehmatal sowie die Flächen von Rübenau, Kühnhaide, Reitzenhain und Satzung als Ortsteile der Stadt Marienberg. Die Finanzierung erfolgt über die Förderrichtlinie des Bundes, Richtlinie „chance.natur – Bundesförderung Naturschutz“ zu 75%. Der Freistaat Sachsen übernimmt 15% der Finanzierung und insgesamt 10% Eigenanteil stellen der Projektträger Erzgebirgskreis und die Partnerkommunen bereit.  Ziele im Naturschutzgroßprojekt „Lebensräume verbinden“ sind – wie der Name bereits andeutet –Erhalt, Entwicklung und Vernetzung von Lebensräumen für bedrohte Tier- und Pflanzenarten im Zusammenspiel mit der Nutzung durch den Menschen in der gewachsenen Kulturlandschaft.

In dem auf die Planungsphase folgenden Umsetzungsprojekt sollen unter anderem blütenbunte Berg- und Feuchtwiesen extensiv bewirtschaftet oder Hecken und Kleingewässer zur Schaffung von Kleinstrukturen im Biotopverbund angelegt werden.  Bedrohte Arten der Region, die besonders von diesen Maßnahmen profitieren können sind z. B. die Arnika, das Knabenkraut, Wiesenbrüter, wie das Braunkehlchen, als Vogel des Jahres 2023, aber auch seltene Tagfalter, wie der Hochmoorgelbling oder der Lilagold-Feuerfalter. Die angestrebte Verbesserung der Lebensräume wirkt dabei positiv auf eine Vielzahl weiterer Arten und hilft dadurch, die Artenvielfalt insgesamt zu stabilisieren und zu erhöhen. Darüber hinaus kann über die gezielte Förderung des natürlichen Wasserrückhaltes in der Landschaft auch ein Beitrag zum Ausgleich von Klimafolgen und gleichzeitig zum Klimaschutz erreicht werden.

Im nun gestarteten dreijährigen Projekt I werden diese Maßnahmen zunächst geplant. Bei erfolgreichem Abschluss der Planungsphase können im dem folgenden über 10 Jahre laufenden Projekt II, für das rund 20 Millionen Euro vorgesehen sind, diese Vorhaben umgesetzt werden.

Um den langfristigen Erfolg der Naturschutzmaßnahmen abzusichern, werden in der Planungsphase über ein „Konzept für nachhaltige Nutzungsformen“ Möglichkeiten zu Wertschöpfung und wirtschaftlichen Entwicklung im Zusammenhang mit der naturschutzgerechten Bewirtschaftung erarbeitet. Eine strukturreiche Landschaft mit attraktiver Naturausstattung ist darüber hinaus auch interessant für die Weiterentwicklung eines sanften Tourismus. Diese geplante Zusammenführung von Naturschutz und Regionalentwicklung stellt eine große Chance für die Region und eine spannende Herausforderung für alle Projektbeteiligten dar.

 

Hintergrund:

Über die Richtlinie "chance.natur" der Bundesregierung werden Projekte in Gebieten gefördert, die im nationalen und internationalen Interesse für den Naturschutz außerordentlich wertvoll und für den betreffenden Lebensraumtyp in Deutschland besonders charakteristisch und repräsentativ sind und Gefährdungen vorliegen. Dafür müssen zentrale Förderkriterien wie Großflächigkeit, Naturnähe, Repräsentanz und Beispielhaftigkeit erfüllt werden. Das Bundesförderprogramm soll zum dauerhaften Erhalt von Naturlandschaften sowie zur Sicherung und Entwicklung von Kulturlandschaften mit herausragenden Lebensräumen und besonders zu schützenden Tier- und Pflanzenarten beitragen. Naturschutzgroßprojekte unterscheiden sich von anderen Naturschutzvorhaben insbesondere durch ihre Großflächigkeit und Komplexität.

Seit 1979 wurden in Deutschland insgesamt 88 Naturschutzgroßprojekte mit einer Gesamtfläche von mehr als 4.300 Quadratkilometern in die Förderung aufgenommen – darunter nun auch das Naturschutzgroßprojekt „Lebensräume verbinden“ im Erzgebirgskreis. Die Förderung erfolgt anteilig, wobei der Bund in der Regel 75 % der Gesamtkosten trägt. Die restlichen 25 % teilen sich das jeweils beteiligte Land und der Zuwendungsempfänger. Naturschutzgroßprojekte gliedern sich in ein Planungsprojekt (Projekt I) mit einer in der Regel 3-jährigen Laufzeit und einem Umsetzungsprojekt (Projekt II), das maximal 10 Jahre gefördert werden kann.

 

 

 

 

 

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