Projektwoche mit Themen wie Krankheit, Tod, Trösten, Hoffnung und Zusammenhalt
„Hospiz macht Schule“: Kinder der 4. Klasse erleben, in Form einer Projektwoche, eine Auseinandersetzung mit Themen wie Werden und Vergehen, Krankheit, Tod, Trösten, Hoffnung und Zusammenhalt
Der Ambulante Hospizverein Erlabrunn e.V. begleitet Menschen in ihrer letzten Lebensphase. Schwerkranke sowie ihre Angehörigen werden in dieser Zeit nicht alleine gelassen. Ehrenamtlich engagierte Mitarbeiter begleiten Sterbende und Trauernde, spenden Trost, schenken ihre Zeit. Sterben und Tod stellen im Leben eines Menschen eine schwere Krise dar, die sehr individuell von jeden Einzelnen wahrgenommen wird. Durch die Bereitschaft zum Dasein und zum Gespräch will der Ambulante Hospizdienst Erlabrunn e.V. hier zur Seite stehen. Die Verbreitung des Hospizgedankens - dass das Sterben zum Leben gehört - wird sehr oft nicht wahrgenommen: „...das hat doch noch Zeit!“. Eigene Betroffenheit im Familien- oder weiteren Umfeld macht dann häufig fassungs- und sprachlos. Hier entstehen Berührungsängste, davor möchte man natürlich die Kinder schützen.
Genau hier setzt das Projekt „Hospiz macht Schule“ an. Eine Möglichkeit Ängste gar nicht erst entstehen zu lassen.
Seit 2018 bietet der Hospizverein Erlabrunn eine Projektwoche für Grundschulen an. Das Konzept wurde bereits 2006 als Bundesmodellprojekt entwickelt und seitdem bundesweit multipliziert, fortentwickelt und über einen Befähigungskurs an die Ehrenamtlichen der durchführenden Vereine weitergegeben.
Jeweils sechs ehrenamtliche Mitarbeiter betreuen an fünf Tagen eine Grundschulklasse und gestalten ein sach- und altersgerechtes Programm. Im geschützten Umfeld und mit vielfältiger Methodik werden die sensiblen Themen mit den Kindern besprochen. Diese arbeiten mehrfach täglich in wechselnden, kleinen, vertrauten Gruppen oder finden sich im Klassenverband zusammen, um ihre Erfahrungen und Gedanken auszutauschen.
Vollste Unterstützung erfährt das Projekt auch vom Breitenbrunner Bürgermeister Lars Dsaak: „Ich hoffe und wünsche, dass die Zusammenarbeit mit dem Verein und den Grundschulen zukünftig fortgesetzt wird und dass auch weitere Schulen dem Projekt eine Chance geben“. Sein Amtskollege Mirko Geißler, Bürgermeister von Grünhain-Beierfeld, kann dem nur zustimmen und begrüßt die Durchführung der Projektwoche an der Grundschule in Grünhain außerordentlich: „Es ist sehr wichtig, dass das Thema Verlust auch in der Schule kindgerecht vermittelt wird.“
Um einen besseren Einblick in das Engagement zu gewinnen, hat Denise Rehm von der Fachstelle Ehrenamt mit Anette Loos (Koordinatorin des Hospizvereins) das nachfolgende Interview geführt.
Interview zur Auszeichnung mit dem Ehrenamt des Monats August 2022
Frau Loos, was bedeutet es im ambulanten Hospizdienst tätig zu sein und welche Motivation haben Engagierte?
Frau Loos: „Willkommen ist, wer sich gerne ehrenamtlich einbringen möchte. Zugangsvoraussetzung ist dann der Besuch eines Ausbildungskurses, der jährlich von unserem Verein angeboten wird. Für Februar 2023 ist der nächste geplant. Hier wird Grundlagenwissen vermittelt und Rüstzeug gegeben, um dann eine hohe Qualität bei der Betreuung und Begleitungen zu gewährleisten. Zunächst geht es aber nicht um die anderen: Mein eigenes Leben und Sterben – Selbstreflexion ist wichtiger Bestandteil der Ausbildung zum Hospizhelfer. Die Motivation der Bewerber ist ganz unterschiedlich. Eigene, oft sehr persönliche Erfahrungen spielen eine große Rolle, ein Anderer möchte in seiner freien Zeit etwas Sinnvolles tun, sich in die Gemeinschaft einbringen. Nicht nur das Leben der eben betroffenen Menschen wird bereichert. Oft geht man selbst bestärkt heraus, denn die Hospizarbeit gibt sehr viel an Gutem zurück.“
Warum ist es wichtig, die Arbeit im Hospiz weiter in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken?
Frau Loos: „Als Gesellschaft gilt es einen offenen Umgang mit der letzten Lebensphase wieder zu pflegen, Trauer zuzulassen. Auch, zum Beispiel im Familienkreis, über Patientenverfügung und Vorsorge zu reden. Das ist ganz sicher kein einfaches Vorhaben. Wir erleben sehr oft, das vertraute Gespräche auf beiden Seiten Klarheit und Erleichterung bringen. Ja, und dann kann die fertige Verfügung in die Schublade und möglichst lange dort bleiben. Im günstigsten Falle wird diese nie gebraucht, aber Eltern und Kinder wissen jetzt voneinander, was sich der jeweils andere wünscht oder auch nicht möchte, haben Handlungsrückhalt für den Fall der Fälle.“
Das Projekt „Hospiz macht Schule“ richtet sich speziell an Grundschulkinder der 3. und 4. Klasse. Wie funktioniert das Konzept und ist es nicht äußerst schwierig, solche Themen mit Kindern zu besprechen?
Frau Loos: „Kindgerecht, dem Alter der Grundschüler gemäß, mit Geschichten, Bilderbüchern, Filmausschnitten und einem vorbereiteten Plan für jeden einzelnen Wochentag, starten wir am Montag. Schnell ist der Freitag da und wir hören öfters: Könnt ihr Hospiz`ler nicht nochmal wieder kommen, oder am besten gleich bleiben, bis zu den nächsten Ferien?‘
Farbig ist diese Projektwoche gestaltet. Jeder Tag hat eine Farbe und genauso die kleinen Gruppen, in der 5 Kinder im geschützten Rahmen genügend Raum bekommen, um Fragen, Vorstellungen und Fantasien selbst mitzuteilen und untereinander zu ergänzen. Collagen entstehen, Pantomime wird dargestellt, Musik erlebt. Zum Beispiel begleitet uns die ganze Woche ein Lied, morgens und zum Abschluss des Tages, ehe wir wieder nach Hause gehen. Alle Kinder, auch die teilnehmenden Erwachsenen, werden darin namentlich erwähnt.
Gefördert wird das Gemeinschaftsgefühl in der Klasse und als generationsübergreifendes Programm konzipiert, tragen die Kinder das Erlernte natürlich auch nach Hause. Zur Abschlussfeier am Freitag sind Eltern, Großeltern und Zugehörige eingeladen. Die Kinder präsentieren ihre Arbeit und es bleibt viel Raum für Gespräche.“
Welche Erfahrungen haben Sie während der Projektwochen sammeln können?
Frau Loos: „Fragt man Erwachsene nach ihren ersten Kontakten und Erfahrungen mit Sterben und Tod, so sind es durchaus Ereignisse, die in der Kindheit lagen. Als dabei wenig hilfreich benennt man, dass Keiner wirklich erklärt oder zugehört hat, immer unter dem Aspekt sein Kind schützen zu wollen. Kinder brauchen sachliche Informationen und auch Raum zu trauern, Abschied zu nehmen und viele Antworten, denn sie haben tausend Fragen.“
Was wünschen Sie sich in Bezug auf ihr Engagement?
Frau Loos: „Viele interessierte Menschen. Und Schulen, die für ihre Grundschüler den Mut aufbringen, diese Themen gemeinsam zu erschließen.“
Wie können Familien und Interessierte mehr über ihre Arbeit erfahren?
Frau Loos: „Wir, 3 hauptamtlich arbeitende Koordinatoren, sind in Erlabrunn in den Räumen des Erzgebirgshospizes zu finden und jederzeit für Fragen und Anliegen offen. Tel. 03773 – 6 - 3480 oder - 3482.
An dieser Stelle möchte ich diese Gelegenheit nutzen und eine herzliche Einladung aussprechen:
Der Ambulante Hospizverein Erlabrunn e. V. feiert am ersten Wochenende im Oktober 2022 sein 15-jähriges Bestehen. Am Samstag, 01. Oktober 2022, ab 10:00 Uhr laden wir alle Interessierten unter dem Motto ‚Hospiz kann mehr‘ in das Foyer und in die Aula der ehemaligen Grundschule in Erlabrunn ein. Es wird Interessierten viel geboten. Unsere Gäste erwartet eine Bildergalerie, Mitmachangebote, viel Informatives und auch an kleine Besucher ist gedacht.“
Hintergrund
Ehrenamt des Monats setzt sich fortlaufend für Wertschätzung und Bewusstsein von ehrenamtlichem Engagement ein
Mit der Kampagne „Ehrenamt des Monats“ hat die Fachstelle Ehrenamt des Landratsamtes Erzgebirgskreis eine neue Plattform geschaffen, um das ehrenamtliche Engagement im Erzgebirgskreis noch stärker in den Fokus der öffentlichen Wahrnehmung zu rücken. Einmal im Monat werden ein Verein, eine Initiative oder individuell engagierte Einzelpersonen mit dem Ehrenamt des Monats ausgezeichnet. Vorschläge können über ein Online-Formular oder formlos postalisch (unter dem Stichwort „Ehrenamt des Monats“ zu richten an die Fachstelle Ehrenamt) eingereicht werden. Weitere Informationen dazu finden Interessierte auf www.ehrenamt.erzgebirgskreis.de/edm.
Kontakt
Fachstelle Ehrenamt
Paulus-Jenisius-Straße 24
09456 Annaberg-Buchholz
- E-Mail: ehrenamt@kreis-erz.de
- Telefon: 03733 831-1022 / -1023
- Internet: www.ehrenamt.erzgebirgskreis.de