Versammlungslage und Protestgeschehen am 8. Januar im Erzgebirgskreis

05. Januar 2024
Neuigkeiten Pressemitteilungen

Versammlungsbehörde untersagt einige Versammlungen u. a. mit Verweis auf die Aufrechterhaltung kritischer Infrastrukturen.

Versammlungsübersicht (Stand 05.01.2024, 12:30 Uhr)

Übersichtskarte zum Versammlungsgeschehen (Stand 05.01.2024, 12:30 Uhr)

 

Seit Mittwoch (03.01.2024) sind bei der Versammlungsbehörde im Landratsamt Erzgebirgskreis 36 Versammlungsanzeigen an mindestens 97 Versammlungsorten verteilt über nahezu den gesamten Erzgebirgskreis eingegangen. Diese reichten von stationären Kundgebungen auf Marktplätzen, über Blockaden von Autobahnauffahrten bis hin zu verschiedenen Aktionen an Straßenkreuzungen an Bundes- und Staatsstraßen. Thematisch orientierten sich die meisten Versammlungen an den Protestaufrufen des Bauerverbandes.

Die Versammlungsbehörde im Landratsamt Erzgebirgskreis hat die eingereichten Versammlungsanzeigen im Einzelfall geprüft. Während die angemeldeten stationären Kundgebungen etwa auf dem Marktplatz der Großen Kreisstadt Marienberg, dem Rathausvorplatz der Großen Kreisstadt Aue-Bad Schlema oder dem Marktplatz der Stadt Oelsnitz/Erzgeb. stattfinden können, gelten für die angezeigten Blockaden der Autobahnauffahrten zur A 72 in Stollberg West und Stollberg Nord Stollberg Auflagen. Hier muss etwa die Passierbarkeit der Auf- und Abfahrten für Beschäftigte der kritischen Infrastrukturen und weitere „wichtige Transporte“ vom Veranstalter sichergestellt werden. Insgesamt können 8 der angezeigten Versammlungen an mindestens 13 Versammlungsorten durchgeführt werden.

Untersagung zur Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung

Für die übrigen 28 Anmeldungen für Versammlungen an mindestens 84 Versammlungsorten an zahlreichen neuralgischen Punkten des Straßenverkehrsnetzes im Erzgebirgskreis ist eine Untersagung vorgesehen. Hauptgrund für die Untersagung ist dabei v. a. der Schutz sogenannter kritischer Infrastrukturen und die Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung. Zur kritischen Infrastruktur zählen etwa Feuerwehren, Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen oder Behörden.

Aus Sicht der Versammlungsbehörde würde durch die für viele Stunden, teilweise über mehrere Tage (teils bis 15.01.2024) beantragte Blockade zahlreicher Kreuzungspunkte entlang der für den überregionalen Verkehr besonders bedeutsamen Bundes-, Staats- und Kreisstraßen das öffentliche Leben im Erzgebirgskreis praktisch zum Erliegen kommen. Dies könnte wiederum dazu führen, dass z. B. Kameraden der Freiwilligen Feuerwehren nicht rechtzeitig zum Gerätehaus oder von dort zum Einsatz gelangen, mobile Pflegedienste immobile Senioren nicht betreuen können oder Krankenwagen nicht rechtzeitig die nächstgelegene Notaufnahme erreichen. Darüber hinaus kann der Winterdienst unter diesen Rahmenbedingungen und im Hinblick auf die angekündigte Wetterlage bestenfalls eingeschränkt arbeiten, wodurch der allgemeine Straßenverkehr mutmaßlich zusätzlichen Behinderungen ausgesetzt wäre. Vor diesem Hintergrund mussten die beantragten Versammlungen untersagt werden. Den Versammlungsanmeldern steht nunmehr der Rechtsweg offen, um ggf. gegen diese Entscheidung vorzugehen.

Allgemeinverfügung untersagt „Spontanversammlungen“

Neben den genannten Versammlungsanzeigen kursieren in verschiedenen sozialen Netzwerken auch zahlreiche Aufrufe zu sogenannten „Spontanversammlungen“, die ebenfalls auf die Blockade von Straßen abzielen. So soll laut entsprechenden Meldungen auch das Nebenstraßennetz massiv blockiert werden. Dieses Ansinnen gefährdet die öffentliche Sicherheit und Ordnung!

Um dies zu verhindern hat das Landratsamt Erzgebirgskreis heute (05.01.2024, 09:00 Uhr) eine entsprechende Allgemeinverfügung erlassen, die sofort in Kraft tritt und derartige Blockaden in Form von Spontanversammlungen untersagt.

Demnach sind im Kreisgebiet des Landkreises Erzgebirgskreis Versammlungen unter freiem Himmel im Zusammenhang mit Protesten in Form von Straßenblockaden, bei denen Teilnehmende mit Kraftfahrzeugen und sonstigen Gegenständen die Fahrbahn blockieren oder mit anderen Personen (z. B. durch Zusammenketten etc.) den Verkehrsfluss verhindern, auf den Fahrbahnen von sämtlichen Straßen, insbesondere Bundesstraßen, Staatsstraßen und Kreisstraßen, mit Ausnahme von Bundesautobahnen und deren Auf- und Abfahrten, untersagt, sofern die Anzeige- und Mitteilungspflicht nach § 14 SächsVersG nicht eingehalten ist. Das bedeutet, dass sowohl das Veranstalten von als auch die Teilnahme an solchen Versammlungen und Protestaktionen verboten ist. Weiteres regelt die heute erlassene Allgemeinverfügung.

Die Durchsetzung der Versammlungsverbote obliegt dem Polizeivollzugsdienst.

Verstöße gegen Versammlungsverbote werden geahndet

Verstöße gegen versammlungsrechtliche Verbote bzw. Pflichten können als Straftat oder Ordnungswidrigkeit geahndet werden (§§ 22 bis 31 SächsVersG sowie §§ 23, 26 VersG). Eine strafrechtliche Verfolgung droht, wenn öffentlich zur Teilnahme an einer öffentlichen Versammlung aufgefordert wird, nachdem die Durchführung untersagt oder die Auflösung angeordnet wurde (Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe) oder, wenn der Veranstalter oder Leiter eine Versammlung trotz Verbots durchführt bzw. diese trotz Auflösung fortsetzt (Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe).

Darüber hinaus können Straßenblockaden selbst eine Strafverfolgung, insbesondere wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr (§ 315b StGB) und Nötigung (§ 240 StGB) nach sich ziehen. Im Übrigen muss der Verursacher bei Blockaden von Gewerbebetrieben o. ä. ggf. mit zivilrechtlichen Schadensersatzansprüchen rechnen.

Landrat Rico Anton zu den ausgesprochenen Versammlungsverboten

„Der Protest unserer Bauern ist angesichts einer völlig verfehlten Politik der Bundesregierung absolut legitim und soll daher unbedingt ermöglicht werden. Das Versammlungsrecht ist ein hohes Gut, welches zu Recht grundgesetzlich garantiert ist. Allerdings wird dieses Recht unserer Auffassung nach dann begrenzt, wenn die Aufrechterhaltung von Recht und Gesetz nicht mehr gewährleistet ist. Angesichts von 36 angezeigten Versammlungen und zahlreichen weiteren Blockaden an nahezu allen neuralgischen Punkten unseres Straßenverkehrsnetzes, besteht aber die konkrete Gefahr, dass hierdurch die Arbeit etwa des Rettungsdienstes, von Feuerwehren und Polizei oder auch von verschiedensten Pflegediensten massiv behindert werden würde. Ich sehe es daher als meine Pflicht, Maßnahmen zu ergreifen, um solche Zustände im Sinne der Bürgerinnen und Bürger möglichst zu verhindern. Kurzum: wir wollen berechtigten Protest ermöglichen, aber Chaos und Anarchie verhindern!“

 

PM/SP

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