Vom heimischen Garten in den Kurpark
Irmhild Amelang hätten ihr eigener Garten und die Wälder und Wiesen rund um ihren Heimatort Waltersdorf eigentlich gereicht, um ihre Rente zu genießen und dem Anbau, Sammeln und Verarbeiten von Kräutern und Heilpflanzen nachzugehen. Doch dann kam alles anders und für die „Unruheständlerin“ wurde ihr Hobby zur Berufung.
Für die 66-Jährige ist das Gefühl gebraucht zu werden und am Ende des Tages etwas geschafft zu haben der Antrieb sich ehrenamtlich zu engagieren. Durch ihre Schwiegertochter Peggy Amelang, ihres Zeichens verantwortlich für den Kräutergarten und die damit in Zusammenhang stehenden Angebote bei der Kurgesellschaft in Thermalbad Wiesenbad, ist sie zu ihrem Ehrenamt gekommen. Angefangen hat alles damit, dass sie sie unterstützt hat Kräuter und Beeren zu sammeln. Mit dem Eintritt in den Ruhestand wurde sie von ihrer Schwiegertochter gefragt, ob sie sich vorstellen könnte ihr Engagement auszubauen. Inzwischen ist Irmhild Amelang die gute Seele rund um den Kräutergarten: Seit 2019 hilft sie bei der Weiterverarbeitung in der Kräuterküche und unterstützt tatkräftig die Vorbereitung und Durchführung von Veranstaltungen. Bis zu vier Tage pro Woche ist sie in der Hauptsaison mit vor Ort.
Unbenommen davon, dass die Arbeit mit Kräutern ein hohes Maß an Fachwissen und Erfahrung voraussetzt, freut sich Irmhild Amelang darüber, bei ihrer Arbeit auch immer wieder neu dazuzulernen. Angesprochen auf die Auszeichnung zum Ehrenamt des Monats entgegnet sie freundlich und bescheiden, dass sie gar nicht so gern viele Worte zu ihrem Engagement verliert und viel lieber etwas mit ihren Händen schafft.
Genau diese anpackende Art imponiert auch Bürgermeister Thomas Mey:
„Ich bin immer außerordentlich dankbar, wenn sich Menschen ehrenamtlich in unserer Gemeinde engagieren. Die Auszeichnung von Frau Amelang mit dem Ehrenamt des Monats ist absolut verdient und steht stellvertretend auch für alle anderen Engagierten in unserer Kommune vom sozialen Bereich, über die Feuerwehr bis hin zu den Sportvereinen. Uns als Gemeindeverwaltung hilft es außerordentlich, wenn Menschen uneigennützig mit anpacken und wir nicht erst auf bürokratischem Weg nach Möglichkeiten der Finanzierung suchen müssen, um bestimmte Angebote zu realisieren.“
Für ihr umfassendes Engagement und fleißiges Wirken wurde Irmhild Amelang mit dem „Ehrenamt des Monats Juni“ ausgezeichnet. Sie erhielt von der Fachstelle Ehrenamt des Erzgebirgskreises eine Urkunde, die erzgebirgische Holzfigur „HelD“ (Helfen und Danken) sowie eine Einladung zum Großen Regionalpreis des Erzgebirgskreises „ERZgeBÜRGER“.
Um einen besseren Einblick in das nicht alltägliche Engagement zu gewinnen, hat Frank Wutzler von der Fachstelle Ehrenamt mit Irmhild Amelang und der Vorschlaggeberin Anja Nestler das nachfolgende Interview geführt.
Wie kommt man eigentlich zu einem Ehrenamt in einem Kräutergarten bzw. Kräuterladen?
Frau Amelang: „Ich habe selbst einen großen Garten und beschäftige mich schon seit meiner Kindheit mit dem Thema Kräuter und Heilpflanzen. Zu meinem ehrenamtlichen Engagement bin ich durch meine Schwiegertochter gekommen: Angefangen hat es damit, dass sie mich ab und an um Hilfe gebeten hat, zum Beispiel, wenn es darum ging, für den Kräutergarten bestimmte Pflanzen zu beschaffen oder für den Laden Kräuter zu sammeln. Als ich dann in den Ruhestand gegangen bin hat sie mich gefragt, ob ich mir vorstellen könnte mich ehrenamtlich bei der Kurgesellschaft Thermalbad Wiesenbad zu engagieren und bei den Aufgaben rund um das Thema Kräuter einzubringen.“
Frau Nestler: „So ein Engagement entsteht unserer Erfahrung nach ganz oft daraus, dass Interessenten mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ins Gespräch kommen, vor dem Hintergrund, dass ein gesteigertes persönliches Interesse an dem Thema besteht. Eine ehrenamtliche Mitarbeiterin wie Frau Amelang ist für uns als Kurgesellschaft Thermalbad Wiesenbad natürlich ein Glücksgriff, weil Sie aus Ihrem Hobby heraus auch die notwendigen Fachkenntnisse und Erfahrungen mitbringt, die es für die Aufgaben braucht.“
Wie überraschend kam für Sie die Auszeichnung mit dem Ehrenamt des Monats?
Frau Amelang: „Ich war schon sehr überrascht, weil ich die Aktion bisher nicht kannte. Ich muss auch zugeben, dass ich schon etwas aufgeregt war und mich gefragt habe, was damit alles auf mich zukommt. Ich habe mich aber auch darüber gefreut, weil es auch noch einmal die Bestätigung dafür ist, dass mein Engagement gesehen und auch wertgeschätzt wird.“
Frau Nestler, wie sind Sie auf das Ehrenamt des Monats aufmerksam geworden und was hat Sie zu bewogen Ihren Vorschlag einzureichen?
Frau Nestler: „Ich bin im Newsletter der LEADER-Region Annaberger Land auf die Aktion aufmerksam geworden. Mir hat die Idee gefallen, ehrenamtlich Engagierten einfach mal Danke zu sagen und aufzuzeigen wie vielfältig deren Einsatzbereiche sind. Mit der Nominierung wollen wir uns bei Frau Amelang für ihren Einsatz bedanken und ihr Wirken der Öffentlichkeit vorstellen. Sie arbeitet fleißig und bescheiden im Hintergrund und uns ist es wichtig, dass die Leistung ehrenamtlich Engagierter auch öffentlich wahrgenommen wird. Mit der Auszeichnung zum Ehrenamt des Monats durch die Fachstelle Ehrenamt bekommt unser Dank auch einen offiziellen Charakter.“
Wie können sich Außenstehende Ihre Arbeit im Kurpark vorstellen? Welche Aufgaben gehören alles dazu?
Frau Amelang: „Zunächst einmal muss man wissen, dass es bei Weitem nicht damit getan ist Kräuter zu pflanzen und zu ernten. Das Herzstück ist natürlich der Kräutergarten – hier helfe ich ab und an beim Gießen und Pflanzen. Von da aus geht es nach der Ernte in die Kräuterküche. Hier beginnt dann die eigentliche Arbeit: schneiden, zupfen, trocknen, kochen oder einlegen, abwiegen, verpacken, etikettieren sind beispielhaft einige der Arbeitsschritte, die bei der Verarbeitung zu gehen sind. Je nachdem welche Pflanzen gerade Saison haben, bin ich mit Blüten, Kräutern oder Beeren vom Frühjahr bis tief in den Herbst hinein gut beschäftigt. Das Sortiment reicht von Trockenkräutern, Gewürzmischungen und -ölen bis hin zu verschiedenen Teesorten und Aufstrichen. In der Hauptsaison helfe ich außerdem bei der Vorbereitung von Veranstaltungen, wie den Kräuterseminaren und -wanderungen. Im Winter ist dann Teesaison, da wird es etwas ruhiger und wir basteln Kränze für und mit unseren Kurgästen.“
In der Hauptsaison kann es dann schon mal sein, dass Sie an bis zu vier Tagen pro Woche im Einsatz sind. Woher nehmen Sie Ihre persönliche Motivation?
Frau Amelang: „Für mich ist es wichtig, dass ich bei meiner Tätigkeit auch im Alter immer noch etwas dazu lerne. Ich möchte damit gern meiner Schwiegertochter helfen, unterstütze die Kurgesellschaft bei allen Arbeiten und Angeboten rund um das Thema Kräuter und habe die Möglichkeit mein Hobby zur Berufung zu machen. Abends zur Ruhe zu kommen und rückblickend etwas Gutes geschaffen zu haben – das ist ein schönes Gefühl und macht mich zufrieden.“
Über so viel Einsatz dürfte sich auch die Kurverwaltung freuen. Welche Rolle spielt ehrenamtliches Engagement für Sie als Unternehmen?
Frau Nestler: „Dass wir als Unternehmen Unterstützung durch ehrenamtlich Engagierte erhalten, ist eher eine Ausnahme, da unser Leistungsportfolio grundsätzlich durch unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter abgedeckt wird. Dennoch hilft es uns in der Kräuterküche ungemein, dass wir durch Frau Amelang eine so große Unterstützung erfahren. Es versetzt uns in die Lage, nicht nur Dinge abzuarbeiten, sondern auch die Zeit dafür zu bekommen, neue Rezepte zu kreieren und auszuprobieren.
Dank Ihrer Hilfe bei der Vorbereitung der Veranstaltungen und im Kräutergarten, sind wir mit unseren Angeboten noch näher am Gast. Dass sich Menschen ehrenamtlich engagieren, hauptsächlich um das Gefühl zu haben etwas Gutes zu bewirken – das kann man gar nicht hoch genug wertschätzen. Das betrifft so ziemlich alle Bereiche unserer Gesellschaft.“
Woher kommt Ihr Interesse an Kräutern?
Frau Amelang: „Ich finde es spannend, was die Natur alles hervorbringt und wie wir davon profitieren. Das sollte man nicht als selbstverständlich ansehen – der Mensch hat auch eine gewisse Pflicht etwas zurückzugeben. Meine Naturverbundenheit war auch der Grund, warum ich ursprünglich den Beruf der Zootechnikerin ergriffen habe. Ich empfinde auch das Fachwissen, das es im Umgang mit Kräutern braucht als echte Herausforderung.“
Stellen Sie sich vor sie müssten einen Appell an die Bürgerinnen und Bürger richten, damit sie sich in Zukunft auch oder weiterhin ehrenamtlich für eine gute Sache einsetzen. Was würden Sie Ihnen spontan sagen?
Frau Amelang: „In unserer Gesellschaft gibt es genügend Bedarf und Möglichkeiten sich einzubringen. Nach meiner Erfahrung bekommt man auch viel zurück, wenn man etwas für die Allgemeinheit tut.“
Frau Nestler: „Ich denke da vor allem an Menschen, die in den Ruhestand eintreten. Den Druck den die Arbeitswelt mit sich bringt, werden wohl die Wenigsten vermissen. Wer dann aber eine neue Aufgabe sucht, wird ganz sicher bei den dafür zuständigen Stellen auf offene Ohren stoßen. Ehrenamtliches Engagement hilft auch dabei soziale Kontakte aufrecht zu erhalten sowie körperlich und geistig fit zu bleiben.“
Verraten Sie uns und unseren Lesern noch Ihr Lieblings-Kräuterrezept?
Frau Amelang: „Mein Favorit ist Bärlauchpesto: Neben dem namensgebenden Wildgemüse enthält es Öl, Nüsse und verschiedene Gewürze – aber letztere bleiben geheim. Das mag jeder für sich ausprobieren. Zu experimentieren bis man ein Rezept gefunden hat, das dem eigenen Geschmack entspricht, gehört eben auch dazu.“
Ein persönlicher Satz von Ihnen zum Schluss: Gibt es von Ihrer Seite Neuigkeiten, Veranstaltungen oder Aktionen auf die sich die Öffentlichkeit in naher Zukunft freuen darf?
Frau Amelang: „Mein Tipp wäre mit offenen Augen in die Natur zu gehen oder durch unseren Kurpark zu spazieren. Es ist spannend sich einmal bewusst zu machen, welche Pflanzen alle um uns herum wachsen und wie sie der Mensch für sich nutzbar machen kann.“
Frau Nestler: „In unserem Kurpark stehen auch wieder eine Menge an Veranstaltungen an zum Beispiel die Wiesenbader Sommermusik, die Übertragung der Kaisermania mit anschließendem Feuerwerk und am 25.09. der Erzgebirgische Thermalkräutertag, zu dem auch Frau Amelang sicherlich wieder alle Hände voll zu tun haben wird.“